Lebendige Seminare – und das trifft noch verstärkt auf Online-Seminare zu – bedeuten, dass die Teilnehmer möglichst aktiv mit einbezogen werden.

Bei vielen Live-Online-Seminaren, die ich als Teilnehmerin besucht habe, beschränkt sich das auf den Chat. Meistens aber nur auf die immer gleiche Weise.

Da eine der Leserfragen das Stichwort „Chataustausch“ beinhaltete, habe ich mir dazu mal gezielt Gedanken gemacht, wie Sie den Chat kreativ und vielfältig nutzen können. Das Ergebnis können Sie hier nachlesen.

Sie werden sich wundern, wie unterschiedlich sich ein Chat einsetzen lässt, was Sie alles in einem Live-Online-Seminar damit machen können und wie verschieden auch die jeweilige Teilnehmer-Aktivierung ist.

[Tweet „Chat in Live-Online-Semianren kreativ und vielfältig nutzen- eine Sammlung von Tipps und Methoden“]

Denn wie bei allen Tools gibt es meist sehr viel mehr Möglichkeiten, als sich auf Anhieb erschließen.

Erst Vortrag – und dann Fragen im Chat beantworten?

In vielen Live-Online-Seminaren erlebe ich es beispielsweise, dass der Trainer erst einmal einen langen Vortrag hält, je nachdem mit Folien oder mit Webcam-Bild des Vortragenden. Und dazu die Aufforderung, dass die Teilnehmer ihre Fragen in den Chat schreiben sollen und er am Ende dann darauf eingeht.

Daher gebe ich hier mal eine Übersicht, was man wie mit dem Chat machen kann.

Es gibt noch mehr Kommunikationsformen im Live-Online-Seminar als nur den Chat

In meinen Live-Online-Seminaren ist die Teilnehmer-Kommunikation nie nur auf den Chat begrenzt. Meine Teilnehmer können immer auch sprechen und wir arbeiten gemeinsam am Whiteboard und auf Folien.
Trotzdem setze ich natürlich auch den Chat ein- aber nicht als einzigen Kommunikationskanal für die Teilnehmer, wie viele Webinardurchführende das machen.

Wenn man sich aber nur auf den Chat beschränkt, ist es umso wichtiger, dort auf unterschiedliche Weise zu arbeiten.

Überblick über Nutzung des Chat in einem Live-Online-Seminar

Ich fange mit den ödesten und gruseligsten Varianten an und steigere mich dann zunehmend :-).

  1. Trainer hält Vortrag, Chat ist abgestellt und wird eventuell punktuell frei geschaltet

Das gibt es tatsächlich, dass Teilnehmer gar nicht in den Chat schreiben können. Der wird dann nur bei konkreten Fragen freigeschaltet, dann können die Teilnehmer dort ihre Fragen stellen oder auf Fragen antworten. Je nach Aufgabe.

Das ist für den Trainer natürlich sehr beruhigend, er kann sich ganz auf seinen Vortrag konzentrieren. Er bekommt so aber überhaupt nicht mit, ob die Teilnehmer ihm folgen können, ob es Fragen oder womöglich sogar Probleme gibt. Ich persönlich finde das eher befremdlich.

  1. Trainer hält Vortrag, Teilnehmer sollen Fragen in den Chat schreiben

Dazu gibt es dann oft eben den Hinweis, dass am Ende auf die Fragen eingegangen wird. Da gehen dann aber doch oft etliche Fragen verloren, wenn es eine große Teilnehmerzahl ist, die sich womöglich zwischendurch auch noch kreuz und quer unterhalten. (Was kein Wunder ist, wenn der Trainer nur einen Vortrag hält und die Teilnehmer nicht mit einbezieht).

  1. Trainer fordert die Teilnehmer auf, auf Fragen zu antworten

Ich habe einen Trainer erlebt, der gleich zu Anfang die Teilnehmer bat, jegliche persönlichen Unterhaltungen im Chat zu unterlassen, da (ihn) das ablenkt und nur dann dort zu schreiben, wenn er dazu auffordert.

Dazu zwei Dinge:

Es lag auch sicher an der Art, dass ich mir vorkam wie in der Schule und sofort in den Trotzmodus schaltete und erst Recht mit einem Kollegen rumalberte, den ich da wiedertraf.

Ich verstehe es gut, wenn man nicht gleichzeitig vortragen und den Chat im Auge behalten kann. Dazu gebe ich später noch Tipps.

Hier nun einige Varianten und Beispiele, wie Sie auch bei einer großen Teilnehmerzahl die Teilnehmer mit gezielten Fragen und Chat-Antworten einbinden können.

Varianten von Chat-Fragen

  1. 1. Ja- Nein Fragen

Das ist auch bei einer großen Teilnehmerzahl möglich.
Sie stellen eine Frage: „Wer hat schon mal selbst Live-Online-Seminare gegeben?“ und bitten die Teilnehmer in den Chat „Ja“ oder „Nein“ zu schreiben. Es kann auch einfach ein j oder n sein. Das geht schnell und auch bei 50 Teilnehmern bekommen Sie einen flotten Überblick…

Beispiel:

Frage:Wer kennt die Mind Map® Methode?
Antworten im Chat: Ja- Nein

  1. Zahlen

Sie haben 3 Punkte auf Ihrer Folie stehen und fragen die Teilnehmer dazu. Sei es, dass die Teilnehmer damit auswählen können, welches Thema Sie im Live-Online-Seminar ausführlicher behandeln oder etwas völlig anderes. Sie können so auch Erfahrungen oder Meinungen abfragen.
Die Teilnehmer schreiben lediglich die Zahl in den Chat. Auch da behalten Sie die Übersicht bei einer großen Gruppe- und auch die anderen bekommen mit, was Sache ist.

Beispiel:

Die bei der Mind Map® Methode mit Ja geantwortet haben, sollen folgende Zahlen in den Chat schreiben. Ich habe mal dazu gemacht:

1. Mal was darüber gelesen
2. Eine Fortbildung dazu gemacht
3. Ich wende sie schon an.

  1. Worte

    Etwas weiter geht es schon, wenn Sie den Teilnehmern die Möglichkeit geben, Worte zu schreiben. Welches Thema interessiert Sie besonders? Welches Seminarthema bieten Sie an? Welches Marketing-Tool ist für Sie das effektivste? usw.

Sie können dann nicht unbedingt  alle 100 Wörter vorlesen. Sie können aber einige rauspicken und das entsprechend erläutern. Das erfordert natürlich schnelles Erfassen und eine gute Moderationsfähigkeit.
Ah ja, da sind viele Antworten, die zu dem Thema XY passen und auch einige zu XZ.

  1. Sätze

Jeder stellt seinen Slogan vor. Seinen Buchtitel. Einen Satz zu…

Auch hier: je nach TN-Zahl können Sie nicht alle vorlesen, aber einige Beispiele und darauf eingehen.
(Sagen Sie vorher: Ich kann jetzt leider nicht alle vorlesen und auf alle eingehen, ich picke mir nun willkürlich 3-5 raus).
Dann sind alle voll  bei der Sache und aufmerksam.

  1. Weitergehende Beiträge im Chat

Unter Punkt 3 ging es um sehr gezielte, punktuelle und kurze Chat-Beiträge der Teilnehmer, die vor allem in sehr großen Gruppen Sinn machen.

Wenn Sie aber eine kleinere Gruppe haben und mit Teilnehmern tiefer an einem Thema arbeiten wollen, dann müssen Sie ihnen da auch mehr Raum geben.

Selbst bei großen Webinaren habe ich das auch schon erlebt, dass die Trainer dazu aufforderten. Sie hatten vorher beispielsweise eine Übung mit uns gemacht, die wir für uns alleine schriftlich durchgeführt haben, parallel zum Live-Online-Seminar. Und anschließend konnten wir dann dazu Beispiele und Fragen in den Chat schreiben.

Dann können Sie als Trainer anschließend hingehen und auf die einzelnen Punkte eingehen.

  1. Interaktive kreative Methoden im Chat

Verschiedene Chateinstellungen

Vorweg: es gibt bei manchen Webinarplattformen die Möglichkeit, unterschiedliche Formen im Chat einzustellen.
– Die Teilnehmern können öffentlich an alle schreiben (so wie es normalerweise ist)
– Die Teilnehmer können gezielt nur an den Trainer schreiben (und er kann auch individuell antworten), so dass die anderen es nicht lesen können.
– Die Teilnehmer können untereinander gezielt mit einzelnen anderen Teilnehmern schreiben, ohne dass die anderen inklusive Trainer das sehen.

Letzteres finde ich genial, z.B. für die Methode der Murmelgruppen.

Und auch da erlebte ich bei einer Akademie, für die ich gearbeitet habe, dass sie ihren Trainern verbot, diesen Privatchat zu ermöglichen. Weil die Teilnehmer dann miteinander Unsinn treiben.

Abgesehen davon, dass ich erwachsene Teilnehmer habe, die ich nicht gängeln will, vertut man so eine wunderbare methodische Möglichkeit.

Hier einige Beispiele, wie ich den Chat für kreative Methoden nutzen kann. Ich werde nicht alle Methoden hier ausführlich darstellen, aber einige als Beispiel.

  1. Sprachspiele

– Sätze bilden
Die Beschreibung können Sie hier nachlesen.

– Wortketten
Die Teilnehmer sollen Wortketten bilden aus zusammengesetzten Wörtern. Einer beginnt und schreibt beispielsweise in den Chat: Haus-Bau, der nächste Baum-Schule, dann Schul-Brot usw.

  1. Umfragen

In den meisten Plattformen sind Umfragetolls integriert. Trotzdem können Sie zur Abwechslung auch mal eine Umfrage machen, wo Sie den Chat mit einbeziehen.

Beispiel: Welche Erfahrungen haben Sie mit….?
Was ist Ihre Meinung zu…?
Wer war schon mal in der Sahara?
Wer mag….?

Entsprechend der Fragestellung sind die Antworten unterschiedlich ausführlich.

  1. Wiederholungsübungen

Eine meiner liebsten Wiederholungsübungen (auch in Präsenzseminaren) ist die Perlenkette. Da geht es um Abläufe und Reihenfolgen von Prozessen oder Arbeitsschritten oder…

Beispiel:
Welche Schritte müssen Sie in welcher Reihenfolge tun, wenn Sie…(Spaghetti kochen, ein Word-Dokument abspeichern, einen Projektplan erstellen, eine Bestellung aufnehmen, ein Bewerbungsschreiben verfassen…)?

Die Reihenfolge der Teilnehmer muss klar sein. Entweder nach Teilnehmerliste oder Sie bereiten ein Mind Map oder eine andere Visualisierung mit den Namen der Teilnehmer vor.

Der 1. Teilnehmer schreibt den 1. Schritt („Ich hole den Topf aus dem Schrank“), der 2. Teilnehmer den 2. Schritt usw.

Sie könne verschiedene Regeln verabreden. Beispielsweise in der 1. Runde nicht eingreifen (auch wenn etwas nicht ganz stimmt), sondern es einmal durchlaufen lassen.

  1. Abschluss

– Wörter verschenken

Eine etwas komplexere Abschlussmethode, die ich zu einem späteren Zeitpunkt auf der Webseite unter „Tipps und Methoden“ veröffentliche. Ich denke, für heute haben Sie erst mal Futter genug und vor allem Anregungen, eigene Methoden auszudenken.

  1. Transfer

Es hat ein anderes Gewicht, ob Teilnehmer nur mündlich etwas mitteilen oder es schriftlich und öffentlich verkündigen. Daher finde ich es am Ende eines Live-Online-Seminars oder einer längeren Schulung oft schön, so eine Übung einzubauen, in der die Teilnehmer im Chat mitteilen, was sie nun wie umsetzen.

Sie können dazu eine konkrete Fragestellung geben, wie beispielsweise:
Was ist dein 1. Schritt nach dem Live-Online-Seminar, um …xy… umzusetzen?

  1. Murmelgruppen

Das ist eben nur möglich, wenn es auch einen Privat-Chat gibt.
Dann stellen Sie eine Aufgabe oder eine konkrete Frage, über die sich jeweils zwei- drei Teilnehmer austauschen sollen. Diese tauschen sich dann im Privatchat darüber aus.

Wie auch in Präsenzseminaren ist es oft nicht notwendig, dass die Teilnehmer anschließend auch noch mal im Plenum mitteilen, was sie dort besprochen haben.

Zu Murmelgruppen habe ich schon mal einen sehr ausführlichen Beitrag geschrieben, daher belasse ich es hier bei dieser Erwähnung.

Wenn Sie keinen Privatchat haben, kann man es auch kurz per Skype oder Telefon machen. Bringt aber vielleicht zuviel Unruhe, wenn die Teilnehmer für 5-10 Minuten aus dem Virtuellen Klassenraum verschwinden. Bei einer länger zusammen arbeitenden Gruppe kann das aber durchaus sinnvoll sein.

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Das soll als erste Anregungen reichen. Es gibt natürlich unendlich viel mehr an Spielen und Methoden, bei denen man den Chat hinzuziehen kann.

Dieser Beitrag hat Ihnen sicher einen ausreichenden Eindruck davon vermittelt, was alles möglich ist außer nur zu sagen:
Schreiben Sie Ihre Fragen in den Chat und ich antworte am Ende des Seminars darauf. Oder?


web_meth_03Diese und weitere Methoden finden Sie ausführlich beschrieben in meinem Buch:
Zamyat M. Klein, 150 kreative Webinarmethoden – Kreative und lebendige Tools und Tipps für Ihre Live-Online-Trainings, Verlag managerSeminare 2015.

Das Buch können Sie bei mir per E-Mail gegen Rechnung bestellen: info@zamyat-seminare.de

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