Wahrscheinlich hast du wie alle Trainerinnen einen großen Fundus an Seminarmethoden, die du immer wieder einsetzt. Vielleicht ist er aber auch noch nicht ganz so groß.
Aber egal, wie groß dein Repertoire ist, es gibt sicher immer wieder einmal Situationen, wo du auch eine neue Methode brauchen kannst.
Entweder, weil du selbst mal wieder was anderes möchtest, weil dich die alten so langsam langweilen, obwohl du sie toll findest und du weißt, dass sie bei deinen Teilnehmenden gut ankommt. Aber nach dem 50ten Mal musst du das Gähnen unterdrücken.
Oder es fehlt dir eine passende Methode zu einem ganz bestimmten Thema in einer ganz konkreten Seminarsituation.
Hier gebe ich dir ein paar Tipps aus meiner Erfahrung, wie das bei mir mit dem Methoden-Entwickeln funktioniert.
Mir sind dabei 3 Varianten aufgefallen, wenn du noch andere kennst, schreibe sie gerne in den Kommentar.
Methoden bewusst entwickeln zu konkreten Themen
Du bereitest ein Seminar vor, hast ein konkretes Thema, planst beispielsweise einen kurzen Vortrag und möchtest, dass die Teilnehmenden anschließend etwas erarbeiten. Du kennst zwar etliche Methoden zur Themen-Erarbeitung, aber die passen alle nicht so gut.
Daher willst du eine neue Methode kreieren.
Dazu musst du für dich klären:
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Was ist das Ziel an dieser Stelle des Seminars?
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Was will ich damit erreichen?
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Was sollen die Teilnehmenden dabei lernen, erleben, mitnehmen?
Und dazu entwickelst du dann eine passende Methode.
Beispiel Meinungs-Austausch
Nach deinem Vortrag über Zivilcourage sollen sich die Teilnehmenden darüber austauschen, ob sie mit deinen etwas provokativen Thesen einverstanden sind. Und wenn ja, was sie erstens daran besonders gut fanden und als zweites, was sie selbst als erstes davon umsetzen wollen.
Damit das keine chaotische Diskussion wird und dir keine deiner bisherigen Methoden dazu passend scheint, überlegst du dir eine eigene.
Schauen wir uns dazu die Fragen von oben an:
1. Was ist das Ziel an dieser Stelle des Seminars?
Die TN sollen sich wirklich gedanklich mit den Inhalten deines Vortrags auseinandersetzen und eigene Stellung dazu beziehen.
2. Was will ich damit erreichen? Ich will erreichen, dass sie erkennen, dass das kein abstraktes Thema ist, wo sie tolle Meinungen haben können, sondern es auch darum geht, wie sie selbst die Erkenntnisse in ihrem Alltag in Handlungen umsetzen.
3. Was sollen die Teilnehmenden dabei lernen, erleben, mitnehmen? Sie sollen sich gegenseitig mit konkreten Ideen anregen, wie sie selbst in ihrem Alltag Zivilcourage üben und einsetzen können und aufmerksamer für entsprechende Situationen werden.
Du kannst das Thema “Zivilcourage” auch ersetzen durch das Thema “Achtsamkeit” oder “Gewaltfreie Kommunikation” oder “Teambuilding” oder was auch immer!
Weiter geht’s…
Die Teilnehmenden arbeiten in Arbeitsgruppen mit deiner neu erfundenen Methode:
1. Bist du mit allen Thesen des Vortrags einverstanden? Methoden-Idee: Du gibst 3 Emojis vor, mit denen sie ausdrücken voll einverstanden/ teilweise/ überhaupt nicht. Diese Emojis sollen sie als erstes in den Chat der Arbeitsgruppe geben
2. Konkretisieren Methoden-Idee: Jeder schreibt in den Chat: die Thesen, mit denen er nicht einverstanden war, vor jede dieser These setzt er ein ❌ und die, mit denen er übereinstimmt, davor setzt er ein ✔
3. Meinungsaustausch Methoden-Idee:
Dann haben sie 10 Minuten insgesamt Zeit, darüber zu diskutieren. Wahrscheinlich werden vor allem die nachgefragt, die nicht übereinstimmen.
Du kannst noch als Ergänzung zur Methode vorschlagen, dass jemand Protokoll schreibt (kann ja bei Zoom inzwischen die KI (”AI Companions”).
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Umsetzungsideen Methoden-Idee:
Nun werden Ideen entwickelt und gesammelt, wie jeder selbst erste Schritte zur Umsetzung machen kann.
Hier könnte eine methodische Struktur sein:
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Notiert sich jeder für 5 Minuten erste Ideen
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Ihr schreibt alle Ideen auf ein Whiteboard (auf Notizzettel mit Namen) und schaut dann, welche der Ideen von anderen gefällt dir gut und kannst du auch brauchen. Ideen-Klauen ausdrücklich erlaubt.
5. Ideenklauen mit Erlaubnis Und daraus kannst du noch ein schönes Abschluss-Spiel machen.
Jeder kopiert sich die Notizzettel mit Ideen anderer, die ihm gut gefallen und schiebt die kopierten Notizzettel in sein Feld. Du kannst als Trainerin das Whiteboard so vorbereiten, dass jeder TN ein Feld hat, einen Korb, eine Tasche, einen Koffer oder einen Rucksack- wo er sein “Diebesgut” einpacken kann.
Zusatz-Tipp
Ich muss gestehen, das habe ich mir jetzt WÄHREND des Schreibens alles aus den Fingern gesogen, vor allem das Ideenklauen mit Erlaubnis ist funkelnagelneu!
Daher noch eine Empfehlung, falls du auch so eine Schreibdenkerin bist wie ich: Schreib dir meine 3 Anleitungsfragen auf und fange an, das schriftlich weiterzudenken. Du wirst vielleicht auch erstaunt sein, was da plötzlich noch alles an Ideen kommt!
Ungeplant entwickeln sich neue Seminarmethoden quasi als “Nebenprodukt”
Es ist mir auch schon einige Male passiert, dass ich es gar nicht bewusst geplant habe und eigentlich auch etwas ganz anderes vorhatte, aber dann tauchte sozusagen als Nebenprodukt eine neue Methode auf.
Vorweg ein wichtiger Tipp: schieb das nicht zur Seite, weil du denkst, nee ich will ja gerade dies und das machen. Sondern greif die Idee sofort auf und mache dir zumindest Notizen. Sonst ist sie futsch.
Und meine Erfahrung ist, dass gerade auf die Art auch ganz besonders tolle Dinge entstehen, die wirklich kreativ sind. Kreativ im Sinne von: Das ist etwas ganz neues.
Hier 2 Beispiele, die ich mal erlebt habe.
Aus einer Seminarplanung oder einem Buch-Konzept wurde ein Brettspiel
Das ist schon viele Jahre her, aber mir noch immer völlig präsent. Ich wollte ein neues Seminar planen oder Methoden für ein Buch sammeln (ich weiß es nicht mehr genau ;-)) mit der tollen Methode von Vera F. Birkenbihl: “Brainstorming for one”. Die setze ich auch in meinen Seminaren zu Kreativitätstechniken ein für die Planung großer Projekte, Konzepte, Seminare, was auch immer.
Nun wollte ich also mit dieser Methode ein ganz neues Seminarkonzept erstellen. Ich schleppte dafür eigens das Flipchart auf den Balkon und fing an…
Zettelchen schreiben und mischen, daraus neue Ideen entwickeln und wieder auf Zettelchen schreiben usw. Dann machte ich mir damals noch die Arbeit, aus allen dann ein riesiges Mind Map auf dem Flipchart zu erstellen.
Inzwischen klebe ich die Zettel einfach auf…
Und wie auch immer, plötzlich kam mir daraus eine Idee für ein Brettspiel zum Thema “Lernblockaden”. Damals machte ich noch Fortbildungen für Lehrer zum Thema Lernen lernen, Lernblockaden, Prüfungsangst usw.
Ich habe das dann tatsächlich hergestellt, mehrere Spielbretter, Figuren, Kärtchen usw. und das in meinen Seminaren eingesetzt.
Bei einem Technik-Video drängelte sich eine Methode nach vorne
Das zweite Beispiel ist ganz jung und ich hoffe, dass du das Ergebnis bald sehen kannst.
Da habe ich ein Video gedreht, um eine tolle neue Zoom-Funktion zu zeigen. nämlich wie man auch mit einem Tool im Chat einen Screenshot machen kann. Und wollte dann natürlich auch zeigen, wozu man den eben einsetzen kann.
Und so kam mir während des Drehens eine Idee, wie ich daraus eine Methode :Puzzle herstellen kann.
Auch das setzte ich gleich um und malte auf dem Whiteboard rum, zerschnitt es mit der Screenshot-Funktion in einzelne Puzzleteile und probierte live vor der Kamera aus, wie und ob dann die Teilnehmenden daraus dann ein Gesamtbild basteln könnten.
Das war natürlich etwas holprig und viel rumprobieren – daher wollte ich das Video noch bearbeiten und schneiden und einiges neu drehen – und daher ist es bis jetzt noch nicht veröffentlicht.
Kommt aber in allerbäldester Bälde ;-).
Und sollte ich es ganz schnell schaffen, schicke ich noch einen Zusatz-Newsletter nur mit dem Link zum Video. Versprochen!
Neue Methoden ganz spontan aus der Not heraus
Das dritte Beispiel ist ganz frisch. Ich führte letzte Woche ein Live-Online-Seminar im Rahmen der Online-Trainer-Ausbildung durch und da setze ich in jedem Seminar eine neue Einstiegs-Methode und eine neue Auswertungs-Methode ein, damit die Trainer im Laufe er Ausbildung da eine große Vielfalt kennenlernen und für die eigene Arbeit zur Auswahl haben.
Und 2 Minuten, bevor wir zur Auswertung kamen sah ich, Mist, die Methode haben wir doch schon im letzten Webinar gemacht. Die Teilnehmenden waren gerade noch 2 Minuten beschäftigt, das reichte nicht, um in meinen Dateien zu wühlen und schnell ne neue Methode und neue Folie zu finden und einzufügen. Nach einer Schrecksekunde entspannte ich mich wieder und dachte, na, da wird mir doch was einfallen. Und in der Tat, es fiel mir etwas ein.
Schnell schrieb ich die Anleitung auf eine Folie – und als dann alle wieder zusammenkamen, konnte ich fröhlich die Auswertungsmethode anleiten und durchführen.
Da sie so schön simpel ist und eben keine Vorbereitungszeit von dir erfordert (ich liebe solche Methoden!) will ich sie auch hier mit dir teilen.
Auswertung mit Emoji und einem Satz
Stelle im Chat ein Emoji ein, das ausdrückt, wie das Live-Online-Seminar heute für dich war.
- Was vielleicht besonders war,
- was du mitnimmst,
- was dein aktuelles Gefühl
- oder ein Gedanke ist, mit dem du nun das Webinar verlässt.
Schreibe dann einen erläuternden Satz zu dem Emoji.
Je nach Zeit, kannst du natürlich noch eine mündliche Auswertungsrunde anschließen, wo die TN ihr Emoji und ihren Satz noch einmal näher erläutern.
Probier es doch mal aus!
Ich mag Methoden, die einfach sind, die man spontan einsetzen kann, ohne lange Vorbereitung, zack!
So könnte dann das Ergebnis aussehen
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